Prosa

Duschehubka 1

Der Beobachter

 

24. November 1942

Südlich von Małkinia, in der Nähe des Flusses Bug, gibt es eine Kiesgrube, die im Vorjahr von den Besatzern zu einem Zwangsarbeitslager umgestaltet worden ist. Es erhielt nach der nächstgelegenen Bahnstation (6 km) den Namen „Arbeitslager Treblinka“. Offiziell kann man wegen Verlassen des Arbeitsplatzes, Arbeitsverweigerung, Nichtablieferung, Preistreiberei, in Wahrheit wegen allem und jedem hierher gebracht werden. Es genügt, jemanden zu bezichtigen, er sei ein Sympathisant des Wiederstandes, verstecke Juden oder russische Kriegsgefangene, und schon wird er abgeholt. Die Ablieferungsquoten dienen regelmäßig als Vorwand, besonders nachdem der Generalgouverneur wegen der in Deutschland in diesem Jahr katastrophalen Ernte den wirtschaftlichen Ausnahmezustand verhängt hat. Doch die einfachste Methode zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels besteht darin, daß eine SS-Einheit im Morgengrauen einen kleinen Ort überfällt und mit Hilfe der Namenslisten, die an jedem Haus angebracht sein müssen, die starken, jungen Männer auswählt und auf Lastwägen verfrachtet, manchmal auch Minderjährige. Offiziell bewegt sich das Strafmaß zwischen zwei und sechs Monaten, doch auch das wird nicht eingehalten. Es kommt vor, daß jemand früher freigelassen wird, ein andermal (bei großem Arbeitsanfall) wird er noch wochenlang dabehalten oder zur Zwangsarbeit nach Deutschland weitergeschickt. Die Hauptbetätigungen der Zwangsarbeiter von Treblinka sind Kiesabbau, Torfstechen außerhalb des Lagers, Melioration und Waggonentladen. Die SS-Meierei wird mit Polen betrieben, die „Hauruckarbeit“ verrichten ausschließlich Juden. Die ist nur ein paar Wochen durchzuhalten. Polen und Juden sind in separaten, mit Stacheldraht getrennten Baracken untergebracht. Mit Ausnahme gemeinsamer Aufgaben ist keinerlei Kontakt miteinander erlaubt. Es dürften sich etwa  2000 Gefangene zugleich im Lager aufhalten, 70% davon Polen. Die Sterberate ist ziemlich hoch (25-30%). Die gesundheitliche Situation verschlechtert sich ständig, zu den „normalen“ Todesursachen (Hunger, Erschöpfung, sadistische Behandlung) gesellt sich neuerdings eine Typhusepidemie.

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Das von der EisenbahnlinieMałkinia - Siedlce abzweigende Industriegleis, das der frühere polnische Besitzer seinerzeit hat anlegen lassen, berührt den Rand zweier kleiner Dörfer, Wólka Okrąglik und Grądy. Es führt fünfhundert Meter durch einen Nadelwald, um dann seinen Weg bis zum Zwangsarbeitslager zwischen Äckern fortzusetzen. Der Wald erstreckt sich als schmaler Streifen von den Gleisen weiter in südöstlicher Richtung. Genau hier wurde in diesem Jahr ein weiteres deutsches Objekt angesiedelt, zwei Kilometer von der Kiesgrube entfernt, offenbar wegen deren Nähe und wegen des bereits vorhandenen Gleises. Noch im Frühling steckten die deutschen „Baumeister” entlang der Schienen ein Gebiet in Form eines Trapezoides ab. Im April wurden aus dem Warschauer Ghetto frische Arbeitskräfte herbeordert und durch die in Stoczek und Węgrów eingesammelten Juden aufgestockt. Man  brachte sie vorläufig im Arbeitslager unter. Mit dem Schlägern und dem Einzäunen des abgesteckten Areals wurde spätestens im Mai begonnen. Es wurde vom Industriegleis eine Abzweigung von ungefähr zweihundert Metern Länge angelegt, die in das eingezäunte Areal hineinführt. Inzwischen pflasterten die übrigen Zwangsarbeiter den Feldweg von der Kiesgrube zur Hauptstraße. Als der größte Teil der Baracken im eingezäunten Areal fertig war, lieferte der Generator Strom, war die Telefonverbindung mit der Außenwelt hergestellt und auch die Aufschrift „SS Sonderkommando” auf dem Tor angebracht. Doch die wahre Bestimmung der Anlage war auch da noch nicht ersichtlich. Obwohl das Nadelwäldchen in der nördlichen Hälfte des Trapezoids, der doppelte Stacheldrahtzaun und die dazwischen aufgestellten spanischen Reiter darauf schließen ließen, daß hier irgendeine verbotene Zone geschaffen wurde, gestattete die kahle Südhälfte des Areals freien Einblick, und das schien seltsamerweise weder die Hämmernden, noch die sie bewachenden grün und schwarz Uniformierten zu stören. Wer seinen Acker in der Nachbarschaft der neuen Anlage hatte, der kam weiterhin regelmäßig zum Säen, Hacken und Ernten hierher und konnte die Betriebsamkeit beobachten. Später wurde der innere Stacheldraht dicht mit Kiefernzweigen durchflochten, es wurden an den vier Ecken Wachtürme errichtet, doch die in der Nähe tätigen oder einfach nur neugierigen Bauern wurden auch weiterhin nicht fortgescheucht.

Bis an einem Vormittag im Juli eine lange Zugsgarnitur in die Bahnstation Treblinka einfuhr. Sie bestand aus sechzig Viehwaggons, zwei für die bewaffnete Begleitmannschaft, die übrigen vollgepfercht mit Menschen. Im Fahrplan trug sie die Bezeichnung „Sonderzug“. Sie wurde auf ein Nebengleis gezogen, zwanzig Waggons wurden abgekoppelt und an eine Verschublok gehängt. Das Garniturdrittel wurde von zwei deutschen Lokomotivführern, die man extra dafür aus Małkinia hergebracht hatte, auf das erwähnte Industriegleis und ins neue Lager gefahren. Ca. 30-40 Minuten später kehrten sie mit leeren Waggons zurück. Das Verschubmanöver wiederholte sich noch zwei Mal, dann fuhren die sechzig leeren Waggons mit der ursprünglichen Lokomotive und dem ursprünglichen Maschinisten dorthin zurück, woher sie gekommen waren, nach Warschau. So hat die „Umsiedlung“ begonnen, und von da an rollten täglich ein bis drei solche überfüllten Züge in die Station Treblinka.

Bei Ankunft eines Transports kamen immer Bewaffnete aus dem Lager, zur Verstärkung und Kontrolle. Offiziell, um „Arbeiterzüge“ zu empfangen, doch die verfinsterten Gesichter, die schußbereiten Waffen und der Umstand, daß die SS-Leute nicht nur neben dem Gleis standen, sondern auch die beiden Enden der kleinen Station sicherten, zeugten vom genauen Gegenteil. Auf diese Weise werden flüchtige Mörder und Eisenbahnräuber erwartet! Sogar in die Fahrdienstleitung steckten sie einen Aufpasser, einen deutschen Eisenbahnbeamten. Dann fuhr der Zug ein. Bewaffnete auch auf Waggondächern und toten Bahnsteigen. Alle haben ihre Waffen angelegt, sowohl Begleiter, als auch Empfangskomitee.

Einen so heißen Sommer wie den diesjährigen hat es lange nicht mehr gegeben: von Juli bis September ist kein Tropfen Regen gefallen. Klar, daß die geschlossenen Bretterwaggons sich aufheizen. Und erst die Blechwaggons! Manche waren schon tagelang unterwegs gewesen. Das erste, was zu sehen war: die Dunstwolken, von denen die Waggons eingehüllt waren. Und was man roch: den penetranten Gestank. Dann die Gesichter hinter dem Stacheldraht der Lüftungsöffnungen, Betagte, Frauen, Kinder, knochendürre Männer. Die meisten in Unterwäsche oder ohne, weil sie es nicht mehr ausgehalten hatten, etwas am Körper zu haben. Anfangs ächzten sie nur, dann psalmodierten sie immer lauter: „Nehmt die goldene Uhr, den Goldring, die Goldkette - Wasser, Wasser, Wasser!

So ging das den ganzen Sommer. Auf der einen Seite das Verdursten, auf der anderen Seite die entsicherten Waffen. Der Bug befördert in einer einzigen Sekunde so viel Wasser, daß man damit den kompletten Tagesbedarf eines Transports decken könnte. Doch wenn sich jemand den abgestellten Waggons mit einem einzigen Glas Wasser nähert, wehe ihm!

Die ersten anderthalb Monate im Leben des Lagers waren eine Probezeit. Hin und wieder ließ sich das Chaos noch ausnützen. Wenn man zum rechten Zeitpunkt hinter der Hecke neben der Station hervorsprang, konnte man noch dem einen oder anderen Unglücklichen zu trinken geben, ohne sogleich sein Schicksal zu teilen. Die ersten anderthalb Monate mochten auch für die SS eine heiße Zeit gewesen sein. Lagerkommandant war damals ein Arzt. Er verkündete lauthals, er werde die Juden von ihren Neurosen heilen, wie er die Geisteskranken auch aus dem deutschen Volkskörper herausoperiert habe. Er war selbst ein klinischer Fall. In seinem Operationseifer ließ er so viele Transporte kommen, wie er im Lager nicht mehr reibungslos „in Empfang nehmen” konnte. Die Folgen waren unbeschreiblich. Tagelang herumstehende Züge, die Bretterwände der Wagen aufbrechende und durcheinanderrennende Häftlinge, blindlings um sich schießende SS-Leute, zahllose Leichen am Bahnhof Treblinka und in seiner Umgebung. Die wurden später auf Flachwagen geworfen und in der Südhälfte des Lagers vergraben. Der Arzt wurde zurück ins Reich beordert, doch das System änderte sich nicht, nur der Fahrplan – seit ersten September darf kein einziger Zug mehr hier halten, nur noch diejenigen, die Treblinka zum Ziel haben.

Seitdem der neue Kommandant die Leitung übernommen hat, gibt es weniger Pannen; die „Arbeiterzüge in den Osten“ treffen regelmäßig im Tagesabstand ein. Der anfänglich alleinige Abfahrtsort Warschau wurde vielfach von kleineren oder größeren mittelpolnischen Städten abgelöst: Radom, Kielce, Mińsk Mazowiecki, Siedlce – riesige jüdische Gemeinden existieren nicht mehr! Doch neuerdings werden Juden auch aus dem Osten, aus den Bezirken Białystok und Grodno „zum Arbeiten” hierhergeschickt. Ab und zu wird zwischen die leeren Rückfahrten ein Kleidertransport eingeschoben, bis Mitte September insgesamt 250 Wagen. Dem Vernehmen nach wird jedoch vor der Abfahrt von der Wachmannschaft selbst noch der letzte Fetzenhaufen mit dem Bajonett durchstoßen, denn die Zahl derer, denen unter den Kleidern verborgen die Flucht gelungen ist, geht in die Dutzende oder erreicht sogar die Hundert. Viele von ihnen werden wieder aufgegriffen, andere versuchen, ihren Geburtsort zu erreichen, die übrigen halten sich in der Umgebung versteckt.

 

21. März 1943

Im Zwangsarbeitslager (umgangsprachlich auch „Polenlager“ genannt, um es vom „Judenlager“ zu unterscheiden) ist der Kampf gegen den Typhus nach wie vor in vollem Gang. Die Baracken werden mit Chlor oder Zyan desinfiziert, anschließend werden zwei Schubkarren Wanzen hinausgebracht. Die Kleider werden gewaschen oder verbrannt. Währenddessen stehen die Gefangenen nackt im Hof, ob es nun regnet oder schneit. Viele von ihnen fiebern am nächsten Tag und „gehen in den Wald“: das ist im Lagerjargon die Bezeichnung für die Exekution. Da die Überfüllung sich nicht geringer wird und die sanitären Verhältnisse sich nicht bessern, kehren Typhus wie auch Wanzen im Nu zurück. Neuerdings bekommen viele die Krätze.

In Prostyn (4 km entfernt), hat vor kurzem eine Feuersbrunst gewütet, das Gemeindeamt ist niedergebrannt, die Unterlagen für die Ablieferungen sind vernichtet worden. Die Nazis beschuldigten den Bürgermeister der Sabotage, dieser flüchtete, worauf die Besatzer in der Umgebung hundertfünfzig Menschen in ihre Gewalt brachten. Solange der Bürgermeister nicht zum Vorschein kommt, verbüßen diese seine Strafe im Arbeitslager. In vielen Familien gibt es keinen erwachsenen Mann mehr, auch die jungen Leute werden immer weniger. In der Dreifaltigkeitskirche von Prostyn wird fünfmal täglich für die Verschleppten gebetet.

Requisitionen sind an der Tagesordnung. Ein Drittel des Mehls wird als Mahlsteuer erhoben, über die Ablieferungsquote hinaus. Das Fleischkontingent wird allwöchentlich eingetrieben, wo es keine Schweine gibt, in Geflügel. Fehlt die Ohrmarkierung, wird das Tier mitgenommen; wenn jemand das Viehregister falsch führt, muß er Strafe zahlen. Hat eine notleidende Frau kein Geld, nehmen sie das Vieh mit, manchmal gleich mitsammen der Besitzerin. In einer Baracke des Arbeitslagers hat man eine Kleiderreparaturwerkstätte eingerichtet. Dort kann die Polin schadhafte deutsche Uniformen sortieren, Knöpfe annähen und die Schläge ertragen, die zusammen mit den Flüchen ohne Unterlaß auf sie niederprasseln: „Tempo, tempo, jeb twoja maty!” Doch die tiefgläubigen Bewohner von Prostyn lassen sich nicht unterkriegen. Die heilige Anna würde sie nicht im Stich lassen, sagen sie. Wie sie der Legende nach einst den Ochsenwagen ihres Landsmannes aus Złotki heimgeleitet habe, würde sie dem Dorf auch jetzt über die Schrecknisse des Krieges hinweghelfen.

An Schrecknissen besteht kein Mangel. Im „Polenlager“ müssen Häftlinge hinter Mützen hinterherlaufen, die Wachen fortgeworfen haben, doch bevor sie sich danach bücken können, um sie zurückzubringen, werden sie wegen eines angeblichen Fluchtversuchs erschossen. Die Arbeiter in der Kiesgrube werden in Arbeitspausen gezwungen, wie Gladiatoren Duelle miteinander auszutragen. Die Nazis und ihre ukrainischen Helfer betrachten die ganze Gegend als Lager. Es kommt vor, daß sie betrunken jemanden auf der Straße niederschießen oder vor den Zug stoßen. Nur so, zum Vergnügen.

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Im „Judenlager“, das auch Todeslager genannt wird, treffen seit Dezember weniger Transporte ein. Viele Leute stellen Berechnungen an, wieviel Deportierte bisher angekommen sein mögen. Das läßt sich aufgrund der Zahlen schätzen, die mit Kreide auf die Waggons geschrieben sind. Manche sprechen von einer sechs-, andere von einer siebenstelligen Zahl! Wer neben der Bahn wohnt, verhängt seine Fenster mit Bettlaken und Decken. Aus den Waggonen geworfene Wickelkinder, an Telefondrähten hängende Gliedmaßen – wer könnte einen solchen Anblick monatelang ertragen? In der Gegend sind schon Dutzende Polen exekutiert worden, weil sie deportierten Juden zu essen oder zu trinken gegeben hatten. Einer ihrer Landsleute wurde lebendig verbrannt: er hatte entflohenen Ukrainern falsche Papiere besorgt. Landwirte dürfen auch weiterhin unbehindert in der Nähe des „Judenlagers“ arbeiten, nur hinsehen dürfen sie nicht. Eine junge Frau, Mutter vieler Kinder, wurde während des Hackens von einem Wachposten erschossen, mit der Begründung, sie hätte „gespäht“.

Zeitweise taucht „der weiße Tod“ und sein Gefolge auf dem Bahnhof von Treblinka auf. Diesen Namen hat man dem deutschen Kommandanten des Judenlagers wegen seiner Galauniform gegeben. Eine Peitsche hat er nie bei sich, nur die schlanke Reitgerte, in die sein Monogramm aus eingeschmolzenem Zahngold eingraviert ist. In solchen Fällen verstecken sich die Einheimischen auf der Stelle, weil sie wissen, daß nun eine Treibjagd folgt. Meist fangen sie Juden ein, doch es kommt vor, daß sie geflüchtete Ukrainer verfolgen. Diese sowjetischen Kriegsgefangenen, die Lagerwachen geworden sind, haben die schwarze SS-Uniform dem Hungertod vorgezogen. Nur wenige bereuen es. Den Großteil von ihnen haben die Nazis zu Wölfen gemacht. Eine ganze ukrainische Kompanie ist hierher abkommandiert worden, auch in das Todeslager.

Von ihnen leben diejenigen der Einheimischen, die ihr moralisches Rückgrat verloren haben. Die Ukrainer haben keine Ahnung, wieviel etwas wert ist. Sie werfen mit Gold und Dollars um sich, ohne zu zählen. Daß in den benachbartenWólka Okrąglik und Grądy Brot, Schinken und Alkohol mindestens zehnmal so teuer ist, als an jedem anderen Ort Polens, ist dem Umstand geschuldet, daß es von alledem im Lager nicht oder nur sehr wenig gibt, Geld und Edelmetall jedoch in unbegrenzter Menge vorhanden ist. An sich ist daran, daß ein Bauer mit Lebensmitteln handelt, nichts Verwerfliches. Doch wenn jemand binnen weniger Wochen mit Wurst, Speck, Roggenbrote und Wodka eine Korb voll goldener Uhren verdient, ist das bei weitem keine Tüchtigkeit mehr. Wie es auch nicht allein für den Geschäftsinn mancher Landwirte spricht, daß sie Warschauer Dirnen bei sich einquartieren, nur weil die Ukrainer Bedarf nach ihnen haben. Bisher haben wir geglaubt, daß eine solche mitleidslose Geschäftemacherei nur für die Unterwelt typisch ist und derlei verwerfliche Handlungen von den Feinden des polnischen Volkes begangen werden. Was sollen wir zu einem Polen sagen, der den schwarz Uniformierten seine eigene Tochter verkauft? Leider findet sich zwischen Kosów Lacki und Malkinia mehr als ein solcher Vater.

Die Gegend ist von Wucherern überschwemmt. Hier, wo der größte Teil der Bevölkerung von gekochten Kartoffeln oder bestenfalls von Grießklößchen mit Milch lebt, sind italienische Orangen, französischer Cognac und Rheinwein zu astronomischen Preisen und in jeder Menge erhältlich. Was sagen die Deutschen dazu? „Wenn die Juden verschwinden, wird es wieder ordentliche Preise geben.“ Und was die Schwarzhändler? „Was dort hineingepumpt worden ist, muß abgesaugt werden.“ Zumindest ein Teil davon. Die „Schätze“ der Juden. Schätze? Jeder Deportierte führt etwas mit sich. Auch die Ärmsten. Es summiert sich. Der Löwenanteil wandert ohnehin weiter ins Reich. Alle zwei Wochen biegt ein schwarzer Opel in die Verbindungsstraße zum Lager ein, angeblich bringt er den Sold und nimmt Gold mit.

Die Gegend hallt von den betrunkenen Gesängen der Ukrainer auf Ausgang wider. Der eine prahlt, daß der Lauf seiner Pistole ständig glühe, weil er im Lager soviel Gebrauch von ihr mache. Ein anderer schneidet damit auf, er sei mit der Bedienung des „Himmelfahrtsmotors“ betraut, des duschehubka.

Manche sind der Meinung, daß es die Polen schlechter haben, weil uns „in unserem Lager”, im Zwangsarbeitslager, ein langsamer Tod erwarte. Das ist so ein Diskussion, wie darüber, ob der Narew ein Nebenfluß des Bug ist, oder umgekehrt. Denn worum geht es bei diesem Wettstreit? Darum, welcher Fluß dem kurzen gemeinsamen Endabschnitt, der sich schließlich in die Weichsel ergießt, den Namen gibt.

Seit Ende Februar, Anfang März brennt auf dem oberen, kahlen Teil des Trapezoids ein gewaltiges Feuer. Bagger nähren den Scheiterhaufen mit menschlichen Überresten, die sie aus der Erde schaufeln. Aus der aufgewühlten Erde strömt bestialischer Gestank. Man hört: für uns, die Polen, wird der Boden vorbereitet.

 

Übertragen von Heinrich Eisterer

 

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